Titel | Ein (un-)vermeidliches Urteil |
Titelzusatz | der Fall des jüdischen Arztes Dr. Heinrich Singer aus Wuppertal |
Autor/in | Nelles, Dieter | Prietzel -Düwel, Peter-Paul |
Medientyp | |
Publikationstyp | Buch |
Erschienen |
2024
Bremen ; Wuppertal de Noantri |
Inhalt | Der Elberfelder Arzt Dr. Heinrich Singer wurde am 20. Juli 1933vom Wuppertaler Landgericht wegen unzüchtiger Handlungen aneinem 13-jährigen Patienten nach § 176 Ziff. 3 Strafgesetzbuch zu1 Jahr und 6 Monaten Zuchthaus verurteilt. Nach der Ablehnungder Revision beim Reichsgericht in Leipzig verlegte man ihn imNovember 1933 in das Zuchthaus Münster, wo der schwer herzkrankeund haftunfähige Mann am 17. Dezember starb.Seine Söhne Hans Wolfgang und Walter Singer kämpften bis 1966vergeblich um die juristische Rehabilitierung ihres Vaters. Die beidenBrüder hatten nach dem Kriege keine familiären oder freundschaft-liche Beziehungen zu ihrer Geburtsstadt. 1982 nahm der WuppertalerHistoriker Ulrich Föhse Kontakt zu Hans Wolfgang Singer auf undführte mit ihm ein Interview in Brighton. Singer verwies in seinem bisEnde 1987 dauernden Briefwechsel mit Föhse immer wieder auf dasSchicksal seines Vaters. In seinem letzten Brief an Föhse schrieb er:»Nach meiner Meinung sollte der Fall meines Vaters nicht so sehrals eine legale Angelegenheit (obwohl es das auch ist), sondern alseine moralische und politische Frage betrachtet werden. Ich kannmir einfach nicht denken, dass eine einfache Rehabilitierungser-klärung oder Erklärung des ›Urteils‹ als ›null und nichtig‹ irgendwelcheSchwierigkeiten bereiten könnte. Er wäre eine einfache Distanzierungvon den Verbrechen der Nazi-Zeit. Da sie nur symbolische Bedeu-tung haben kann, macht es von mir aus keinen Unterschied, von woaus und von welcher Form sie erfolgt. (…) Aber nach unserem Tele-fon-Gespräch scheinen sie mehr einen legalen Approach [Ansatz]im Sinne zu haben, und ich folge natürlich ihrem Urteil. Ich kann nurwiederholen, dass ich Ihnen und auch dem freundlichen Berater, denSie erwähnten, sehr dankbar bin.« 2 [Hervorhebungen i.O.]Wir wissen nicht, ob und wenn ja, welche Schritte Ulrich Föhsezur Rehabilitierung Heinrich Singers unternahm. Der Fall warjuristisch kompliziert, da die Anzeige gegen Heinrich Singer schon1932 erfolgte und die Angaben Hans Wolfgang Singers zum Teilnicht korrekt waren. Dies war ein Ausdruck dafür, wie traumatisie-rend für ihn das Schicksal seines Vaters war und wie dessen nichterfolgte Rehabilitierung bei ihm nachwirkte. Unsere Recherchenbestätigen seine Einschätzung, »dass das Klima des Prozesses (…)einen normalen Prozess unmöglich und das Fehlurteil unvermeid-lich« machten, und dass es sich »um »einen Akt politischer Verfol-gung« handelte.Das Ziel unserer Arbeit ist die »politische und moralische« undauch die juristische Rehabilitierung von Heinrich Singer. Leider sinddie Akten des Verfahrens gegen Singer beim Landgericht Wupper-tal nicht mehr vorhanden. Da es sich um einen Prozess öffentlichenInteresses handelte, hätten die Akten dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen übergeben werden müssen, was nicht geschah. EinigeAuszüge aus den Prozessakten sind in den Wiedergutmachungsver-fahren im Landesarchiv sowie im Nachlass des Psychologen KarlMarbe, der als Gutachter der Verteidigung an dem Verfahren beteiligtwar, im Zentrum für Geschichte der Psychologie der UniversitätWürzburg vorhanden. Eine sehr wichtige Quelle zur Person HeinrichSingers sind die Briefe, die er aus der Haftanstalt Wuppertal Bendahlund dem Zuchthaus Münster schrieb, die uns von der Schwieger-tochter Hans Singers Odile Stamberger zur Verfügung gestelltwurden. Die Briefe wurden der Begegnungsstätte Alte Synagoge inWuppertal von Odile Stamberger übergeben. Ihr und ihrer TochterLucia Singer verdanken wir auch ein Bild Heinrich Singers als Soldatim Ersten Weltkrieg.Im ersten Kapitel skizzieren wir die Biografie von Heinrich Singers.Im zweiten Kapitel analysieren wir den Prozess gegen Singer unddas Revisionsverfahren vor dem Reichsgericht in Leipzig. Im drittenKapitel wird das Wiedergutmachungsverfahren nach 1945 darge-stellt. Abschließend gehen wir auf die Erinnerung an Heinrich Singernach 1945 in Wuppertal ein und auch auf die vergeblichen Bemühun-gen Hans Wolfgang Singers um eine Rehabilitation seines Vaters. |
ISBN | 9783943643237 | 3943643239 |
Umfang | 54 Seiten : Illustrationen ; 14.8 gr |
Erschienen als | Verfolgung und Widerstand in Wuppertal, Band 17 |
Raumsystematik |
05124 Wuppertal
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Sachsystematik |
109000 Biographien
| 444000 Strafrecht | |
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